Hallo zusammen,
nach Rücksprache mit Lars Dettmann stelle ich seinen Beitrag hier rein.
Vielen Dank LarsD.

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Hi rundrum,
nachfolgend mal in Kurzform ein paar Sachen, die auf der Tagung der deutschsprachigen EAFP-Sektion in Sachen Forschung an "KHV" veröffentlicht wurden. Die in meinen Augen wohl überraschendsten Ergebnisse kamen aus Hannover:
Prof.Dr.Steinhagen von der TiHo in Hannover präsentierte die Ergebnisse von Infektionsversuchen an naiven Karpfen unter Laborbedingungen. Demnach hängt eine Infektion und auch der Verlauf der Erkrankung ganz extrem davon ab, welcher Virenmenge naive Fische im Experiment ausgesetzt wurden. Neben den schon bekannten Verläufen mit Verlustraten von bis zu 100% stellte sich bei den Versuchen aber auch heraus, daß sich beim Einsatz geringerer Virusmengen die Versuchsfische zu 100% infizieren ließen, ohne das es irgendwelche Anzeichen einer Erkrankung gegeben hätte.
Kirsten Meyer von der TiHo in Hannover hat sich mit der Carrierproblematik beschäftigt. Dazu wurden Fische gezielt infiziert und anschließend die erfolgreiche Infektion überprüft. Die Fische wurden dann für vier Wochen bei 32°C gehalten und später die Wassertemperatur für weitere vier Wochen auf 23°C gesenkt. Anschließend wurden die Carrier einzeln auf verschiedene Versuchsbecken verteilt und naive Karpfen dazu gesetzt. Die einzelnen Versuchsgruppen wurden dann verschiedenen Streßsituationen (Temperaturschwankungen, Parasiteninfektion, Fangen im Kescher, Verabreichung eines Kortisonpräparates) ausgesetzt. Obwohl vorher nicht bei allen Carriern via PCR die latente Infektion nachweisbar war, schied jeder von ihnen Viren aus und infizierten die hinzugesetzten, naiven Fische (Nachweis mit PCR). Auch in diesem Versuch zeigte sich, daß die Infektion der naiven Fische durch die Carrier zum großen Teil ohne das Auftreten irgendwelcher Symptome erfolgte.
Fazit:
- Die "Immunisierung" durch gezielte Infektion und anschließendes Aufheizen macht die Fische zu Carriern.
- Die latente Infektion dieser Carriern ist mittels PCR an Kiemenproben und Leukozyten nach dem "Aufheizen" nicht immer nachweisbar.
- Die "Immunisierung" durch gezielte Infektion und anschließendes Aufheizen verhindert nicht, daß derart behandelte Fische nach 8 Wochen andere Fische infizieren.
- Solche Carrier können andere Fische infizieren, ohne das es auch nur im Ansatz klinische Symptome im Bestand geben muß.
- Streßfaktoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Reaktivierung des Virus in "immunisierten" Fischen.
Dr.Sven Bergmann vom FLI hat folgende Fischarten aufgelistet, die bisher neben Karpfen/Koi positiv auf CyHV-3 getestet wurden:
- Goldfisch
- Löwenköpfchen
- Schubunkin
- Orfen
- Graskarpfen
- Karausche
- Hasel
- Zährte
- Silberkarpfen
- Marmorkarpfen
- Plötze
Ebenfalls vorgestellt wurden erste Ergebnisse der Arbeiten am ELISA zum Nachweis von Antikörpern gegen das CyHV-3. Die an sich vielversprechend klingenden Daten wurden jedoch durch den Hinweis auf eine mögliche Kreuzreaktion des Test's mit Antikörpern gegen CyHV-1 ("Karpfenpocken") mit 'nem dicken Fragezeichen versehen. Man wird abwarten müssen, bis die Frage einer solchen Kreuzreaktion CyHV-1/CyHV-3 geklärt ist.
Auch die Vaccinnierung war ein Thema. Für die gegenwärtig diskutierte Vaccine (P36) aus Israel sehe ich demnach keine Chance auf Zulassung.
Die von Horni gestreute Info, daß der Impfstoff (P36) nebst dem Primer für den Nachweis dieses Impfvirus an verschiedene deutsche Institute verschickt worden wäre, konnte mir auf dieser Tagung niemand bestätigen. Einzig die TiHo Hannover bemüht sich aus eigenem Interesse darum, eine Probe des Impfstoffes zu bekommen. Zum entsprechenden Hintergrund kann Horni mal bei Mag Noy nachfragen und dann vielleicht hier mit interessanten Details zum Impferfolg auflaufen.
Von Seiten des FLI wurde bezweifelt, daß es sich tatsächlich um einen Markerimpfstoff handelt. Vielmehr hätte das Impfvirus zufällig entstandene Punktmutationen, an denen man es nach Entwicklung entsprechender Primer erkennen könnte. Wie auf der Basis der postulierte Garantieanspruch bei Problemen im Zusammenhang mit "geimpften" Fischen durchgesetzt werden könnte, ist mir ein Rätsel.
Weiterhin wurde mir von verschiedenen Fachleuten bestätigt, daß eine "Impfung" mit einer Lebendvaccine wie P36 kaum verhindern kann, daß der "geimpfte" Fisch bei anschließendem Kontakt mit dem echten Virus auch mit diesem infiziert wird. Einzig der Krankheitsverlauf wird beeinflußt. Wenn man sich vor dem Hintergrund den Artikel im letzten Koi-Kurier ansieht ... Dort wird beschrieben, daß die geimpften Fische anschließend dem eigentlichen KHV-Virus ausgesetzt werden, um den Impferfolg zu überprüfen. Angesichts der oben dargestellten Versuche gehe ich davon aus, daß derart behandelte Fische in doppelter Hinsicht Virusträger (Impfvirus + KHV-Erreger) sind.
Statt mit attenuierten Viren zu wurschteln, setzt man an verschiedenen Instituten darauf, Teile der Viren-DNA auf Bakterien zu übertragen und mit deren Hilfe dann Impfseren herzustellen, die zwar eine Immunisierung, aber keine Infektion mit einem lebenden Impfvirus produzieren. Ergebnisse dazu sind im Laufe des nächsten Jahres zu erwarten.
Soweit mal in Kurzfassung das, was dort an Informationen geboten wurde. Sind sicher nicht nur für mich einige Überraschungen enthalten gewesen.
Quelle:
http://www.koi.de/modules.php?name=Foru ... highlight=
Dort antwortet Lars auch auf Fragen zu dem Thema.