Hallo Jens
Zitat:
Moin !
Vielleicht könnte mal einer, der wirklich in der Materie steckt, mal was zum Thema Resistenzen schreiben.
Mediziner bin ich nicht... Aber ein wenig Ahnung vom Ganzen hab ich schon Reicht dir das aus?
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Interessant wäre es, gegen was und unter welchen Umständen die Bakterien Resistenzen ausbilden.
Die Bakterien bilden Resistenzen gegen die Wirkungsmechanismen der Antibiotika aus! Grob unterteilt gibt es da zwei Mechanismen, bakteriostatische und bakterizide. Bakteriostatisch bedeutet, dass die Antibiotika die Vermehrung der Bakterien stoppen und so verschwinden sie dann! Bakterizid bedeutet, dass die Antibiotika die Bakterien direkt abtöten. Das so bekannte Penicillin beispielsweise wirkt bakterizid, indem es die Zellwand des Bakteriums beschädigt, so wird die Nährstoffaufnahme verringert und das Bakterium stirbt ab.
Nun weisst du schon mal gegen was Bakterien Resistenzen ausbilden. Bevor ich nun zu den Umständen komme, denke ich dient zum späteren Verständnis, wie Bakterien solche Resistenzen überhaupt ausführen Es ist erstaunlich, was sich Bakterien alles einfallen lassen können, um gegen ein Antibiotikum resistent zu werden!
Mögliche Resistenzmechanismen sind (nur die Wichtigsten und grob zusammengefasst):
-Verschliessung von Öffnungen in der Zellwand
So kommt ein Antibiotikum erst gar nicht in das Bakterium herein
-Spezielle „Pumpen“ im Innern (Efflux-Pumpen), welche das Antibiotika aus dem Zellinnern entfernen
Das Antibiotikum kommt in die Zelle hinein und wird sofort wieder „ausgespuckt“.
-Abwehrenzym (b-Lactamase), welches die Struktur des Antibiotikums zerstört
Dieses Enzym spaltet das Antibiotikum einfach auf und so kann es nicht mehr wirken.
Wichtig zu erwähnen ist natürlich, dass ein Bakterium die oben genannten Mechanismen von Generation zu Generation weitergibt. Teilweise besteht auch die Möglichkeit der Konjugation, dass heisst, die Bakterien geben sich untereinander die genetischen Merkmale weiter, um solche Resistenzmechanismen zu entwickeln. Und da reicht der alleinige Kontakt der Bakterien aus, um diese genetischen Informationen auszutauschen!
Jetzt kommen wir zu den Umständen, die zur Resistenzbildung führen! Wie vorhin, gehe ich kurz auf die wichtigsten und häufigsten Ursachen ein…
-Falsche Einnahmedauer des Antibiotikums
Wenn jemand ein Antibiotikum einnimmt, ist es extrem wichtig, dass die Kur auch wirklich fertig gemacht wird und nicht etwa abgebrochen sobald sich eine Besserung einstellt.
Bei einer zu wenig lang andauernden Antibiotika-Einnahme überlebt ein Teil der Bakterien und die Bakterien, die überlebt haben, besitzen sicherlich schon eine Resistenz gegen das Antibiotikum. Bei frühzeitigem Abbruch vermehren sich die Bakterien wieder, geben die Resistenz weiter oder falls das Immunsystem sie alleine unter Kontrolle haben kann, gibt es spätestens wieder einen Krankheitsausbruch bei Schwächung! Dann aber wirkt das zuvor angewandte Antibiotikum nicht mehr, da eine Resistenz entstanden ist.
-Zu geringe Menge
Bei einer zu geringen Menge des Antibiotikums kommt es, wie oben gesehen dazu, dass ein Teil der Bakterien überleben kann und so läuft dann alles wieder ab, wie bei der falschen Einnahmedauer!
-Zu häufige Einnahme
Jemand der immer wieder Antibiotika zu sich nimmt, ist der perfekte Kandidat für Resistenzen. Wie könnten sich die Bakterien auch sonst besser an ihren Killer (das Antibiotikum) anpassen?
-Falsches/unnötiges Antibiotikum
Wenn ein Antibiotikum nicht die gewünschte Wirkung gegen ein Bakterium zeigt, dann überleben wiederum einige Bakterien und es kann zur Resistenzbildung kommen. Darum versucht man auch mit Antibiotigrammen die wirksamsten Antibiotika zu finden und so optimal zu behandeln.
Ebenfalls ist das natürlich der Fall, wenn man mit einem Antibiotikum behandelt, obwohl es das gar nie gebraucht hätte!
Zusätzlich zu den oben genannten Punkten sind natürlich weitere Faktoren wichtig! Mittlerweile werden in Nahrungsmitteln und auch in öffentlichen Gewässern durch unseren exzessiven Antibiotika-Gebrauch Rückstände gemessen, die natürlich beitragen zur Resistenzbildung.
Zitat:
Nur gegen den angewandten Wirkstoff ?
Nein leider eben nicht! Es kommt häufig zu so genannten Kreuzresistenzen. Das heisst, dass die Bakterien gegen mehrere Antibiotika resistent werden. Diese Antibiotika müssen aber eine sehr ähnliche Wirkungsweise haben!
In unserem Fall, würde ich mal davon ausgehen, dass es bei einer Resistenzbildung zu einer Resistenz gegenüber allen Nitrofuranen und Nitrofuranderivaten kommt. Aber das kann ich dir so nicht mit aboluter Sicherheit sagen.
Bei einer Penicillinresistenz um unser Anfangsbeispiel aufzugreifen, kommt es häufig auch zu einer Resistenz gegenüber Cephalosporinen, da beide gleich wirken!
Zitat:
Ist dieser Wirkstoff im Elbagin in der angeprangerten Anwendung unterdosiert, so dass die Bakterien eine Chance haben, eine Resistenz aufzubauen? Kann überhaupt jemand was zu der Dosierung sagen?
Zur Dosierung kann ich nichts sagen. Jedoch sollte mittlerweile klar sein, dass dieses ins Blaue hinaus behandeln keineswegs irgendwie zu befürworten sein sollte. Vor allen Dingen nicht, wenn wir von Antibiotika sprechen.
Es muss unbedingt ein Umdenken stattfinden! 50`000 Menschen in Europa sterben infolge von Infektionen mit multiresistenten Keimen und die Zahl steigt! Und von den Leuten die schwerste gesundheitliche Schäden davon nach sich ziehen sprech ich erst gar nicht…
Wir stehen in der Medizin durchaus vor einem sehr grossen Problem, wenn es einfach so weitergeht. Neue Antibiotika zu entdecken, die auch andere Wirkungsweisen haben und so gegen resistente Bakterien wirken, ist nicht mehr so einfach wie vor 20 Jahren! Wir können auf jeden Fall hoffen, dass mögliche Alternativen zu den jetzigen Antibiotika gefunden werden, den Teufel möchte ich da nicht an die Wand malen, dazu sind unsere medizinischen Fortschritte zu gross. Aber einigen Leuten ist wohl nicht ganz klar, wie wichtig und gefährlich das Ganze ist, was man auch darin sehen kann, dass in gewissen Ländern immer noch freiverkäufliche Antibiotika zu erhalten sind und dass immer wieder viel zu fahrlässig damit umgegangen wird! Geschweige denn von der immer häufigeren Benutzung der Reserveantibiotika, weil man erst gar nicht mehr zum handelsüblichen Präparat greifen möchte.
Zitat:
Wenn die Resistenz nur gegen den Wirkstoff aufgebaut wird, dieser aber in -D- keine Anwendung findet, als wie nachhaltig sind dann die Auswirkungen einzuschätzen?
Ich weiss nicht inwiefern in Deutschland dieser Stoff angewandt wird oder nicht. Für die Schweiz hat er aber eine Zulassung, also kommt es sicherlich auch zur Anwendung.
Hier muss man evt. nochmals auf die mögliche Kreuzresistenz hinweisen, die durchaus eine Ausweitung der Resistenz auf ähnliche Präparate zur Folge haben könnte.
Also sind möglicherweise, wie ich oben schon erwähnt habe, all diese Stoffe betroffen.
Darunter beispielsweise auch ein Wirkstoff, der in der Humanmedizin benutzt wird, um Harnwegsinfektionen zu behandeln, ist sogar ein Reserveantibiotikum Also eigentlich nicht gedacht, um einfach mal zu behandeln, sondern nur im Notfall darauf zurückzugreifen.
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Warum verabreichen Tierärzte nach kleinen OP's prophylaktisch nur eine AB-Spritze?
Tja, wie gesagt… Ich bin kein Arzt. Diese Vorgehensweise erschien mir jedoch noch nie ganz schlüssig. Möglicherweise ist die Dosis in einer solchen Spritze aber genug gross, das kann ich so nicht einschätzen und ich unterstelle keinem Arzt da irgendeinen fehlerhaften Umgang.
Falls wir aber annehmen, dass die Menge zu klein wäre. Dann wäre das Ganze natürlich genau so dämlich wie die Benutzung von Elbagin! Im Moment nach der OP passiert dann klarerweise nichts, da der Fisch mithilfe des Antibiotikums und seinem Immunsystem alles unter Kontrolle hat, kommt es dann aber zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Infektion, könnten Bakterien, die im Fischkörper waren, resistent gegen das gespritzte Antibiotikum sein und dank Kreuzresistenz auch gegen andere!
Und so haben wir dann weniger Möglichkeiten zur Behandlung!
Zitat:
Reicht das aus, um die vorhanden Bakkies so zu beeindrucken, dass keine Resistenz ausgebildet wird ?
Siehe meine Antwort oben. Je nach Dosierung kann das durchaus ausreichend sein.
Ich hoffe, das Ganze ist einigermassen verständlich. Bei weiteren Fragen gebe ich natürlich gerne Auskunft, soweit mir das möglich ist
Liebe Grüsse Dario, der nochmals sagen möchte, dass er kein Arzt ist