Hallo zusammen!
Für das Wort Gesamtgasübersättigung verwende ich im folgenden Text das englische Kürzel TGP, das für Total Gas Pressure steht. Die TGP ist die Summe der Partialdrücke von den im Wasser gelösten Gasen Stickstoff N2, Sauerstoff O2 und Kohlenstoffdioxyd CO2. Verständlicher wären meine folgenden Ausführungen, wenn ich mit einem Folienvortrag die physikalischen Zusammenhänge vorher erklären könnte.
Um es vorweg zu sagen, ich habe jahrelang nichts von den Empfehlungen gewusst, nach denen kritische TGP´s vermieden werden können. Häufige Krankheiten habe ich gottlob bisher auch nicht gehabt. Ferner möchte ich voraus schicken, dass ich weder Physiker noch Veterinär bin und dass ich als Laie deren Wissensgebiete wohl auch nie umfassend beherrschen werde.
Wer einen gepflegten Teich mit idealen Wasserparametern hat, wer zudem die Sauerstoffanreicherung mit Luft vornimmt und es trotzdem gelegentlich oder häufig mit Koi-Krankheiten zu tun hat, der ist gut beraten, wenn er die Sauerstoffeinlösung kritisch begutachtet. Jeder Teich, der durch Technik und Energie mit Luft angereichert wird, neigt zur TGP, weil mit dem Sauerstoff O2 in erheblicher Menge auch Stickstoff N2 eingelöst wird, den wir Laien leider nicht messen können. TGP´s stehen seit Jahrzehnten im Verdacht, dass sie die Infektionsanfälligkeit für Fische erhöhen in einem schleichenden Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann. Um sie zu vermeiden, setzen Fischzuchtgroßanlagen überwiegend reinen Sauerstoff für die O2-Anreicherung ein. Der teure Sauerstoff rechnet sich dadurch, dass die Fische gesünder leben, besser wachsen, besser das Futter verwerten und weniger Medikamente brauchen. Fischzüchter, die noch nicht auf reinen Sauerstoff umgestellt haben, aber auch verlustarm produzieren wollen, haben herausgefunden, dass die besten Ergebnisse mit einer maximalen TGP von 102,5 % zu erzielen sind. Dieser Wert stellt sich durchschnittlich dann ein, wenn Sprudelsteine nur 50 cm tief eintauchen bzw. wenn Luft in wasserführenden Drucksystemen nur einem maximalen Einlösungsdruck von 50 mbar ausgesetzt wird. Mit einem Saturometer kann die TGP gemessen werde, 103 % gelten noch als unkritisch. Die Anschaffung eines etwa 1500,- Euro teuren Saturometers macht nur dann Sinn, wenn der User das kleine Einmaleins der Gasephysik und die Geräte-Software beherrscht.
Im Umgang mit Wasser gibt es kaum eine Regel, die nicht mit einer Ausnahme verwässert werden kann, so auch hier: Bei einer deutlichen TGP, aber in Verbindung mit Ozon, ist die Anfälligkeit für Krankheiten gering, das hat Rainer herausgefunden. Zu erklären ist das damit, dass Krankheitserreger es bei einem hohen Redoxwert schwer haben, das Teichmilieu zu dominieren. Ein rundum Wohlfühlwasser sieht aber anders aus. Auch in Anlagen, die mit einem SK betrieben werden, wurden deutliche TGP´s festgestellt. SK erzeugen nur auf der untersten Stufe von 1 l/min eine hohe O2-Konzentration, gebrauchte SK bringen häufig gar nicht mehr die gewünschte Leistung.
Die Gasblasenkrankheit GBK infolge einer TGP verläuft in unterschiedlichen Schweregraden:
- Bei der schweren und tödlich verlaufenden Form platzen die Kiemenepithel, was durch makroskopische und histologische Befunde zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Sie kommt in Koianlagen kaum vor.
- Bei der mittelschweren Form kann es zu funktionellen Störungen kommen, ähnlich wie nach einem Schlaganfall beim Menschen. Nicht therapierbare „Macken“ bei Koi können ursächlich mit der GBK zusammenhängen.
- Die leichte und häufigste Form ist nicht wahrnehmbar, kranke Koi können aber ein Indiz dafür sein. Die Betonung liegt jeweils auf dem Konditional.
Veterinäre behandeln überwiegend die Symptome von Krankheiten, selten ergründen sie die Ursachen. Bei der Diagnose erfolgt praktisch nie ein Bezug zur TGP, das macht Rainer besser.Algen, Wasserpflanzen, technische Belüftung, Quellwasser, Brunnenwasser, fallender Luftdruck, steigende Temperaturen, Nitrifikation usw. sind alles Einflüsse, die die Gasebilanz im Wasser verändern. Quell- und Brunnenwasser sind in der Regel reich an gelösten Gasen. Diese Wässer müssen deshalb mindestens 24 Stunden lang entgasen bevor sie dem Teich zugeführt werden. Unkritisch sind die Einflüsse, die die TGP´s schwanken lassen zwischen Unter- und Übersättigungen, das ist besonders bei der Fotosynthese der Fall, daran haben sich die Fische im Verlauf der Evolution gewöhnt. Diese Regel gilt nicht bei extrem starker Algenbildung. Aber eine deutliche TGP vor Sonnenaufgang deutet normalerweise auf eine dauerhafte TGP hin, und genau die gilt es bei der Wasseraufbereitung zu vermeiden. Mit Luft in wasserführenden Drucksystemen sind dauerhafte TGP´s kaum zu umgehen.

Es gibt genügend Zweifler, die meine Ausführungen für überzogen halten, auch Experten reihen sich da ein. Sie alle können aber den hohen Anteil von Stickstoff in der Luft nicht weg diskutieren. Was der Koi-Szene fehlt, sind Leute wie Rainer, der meiner Meinung nach mit seinem Saturometer Pionierarbeit leistet.
Gruß Erhard