Vor etwa 50 Jahren hat ein bekannter Sauerstoffhersteller ein Symposium mit dem Titel „Physik des Gaseintrags“ durchgeführt. Die ursprünglich für die Abwassertechnik entwickelten Eintragungssysteme wurden später auch in Fischzucht-Großanlagen eingesetzt. Über die relevanten physikalischen Formeln sowie mit Zahlenbeispielen wird der Sauerstoffeintrag ins Wasser erläutert. Die nahezu historische Niederschrift hat an Aktualität nichts verloren, weil die Physik sich nicht verändert hat. In der Niederschrift wird erklärt, warum reiner Sauerstoff in wesentlich höherer Konzentration ins Wasser eingetragen werden kann als Luftsauerstoff.
An dieser Stelle soll die Niederschrift des Symposiums eingestellt werden. Durch die verwendeten Formeln ist es eine Word-Datei mit Finessen, die nicht ohne weiteres kopiert werden kann. Pfiffikus versucht es. Ich bitte um Geduld.
Ich habe den ersten Teil der Niederschrift neu geschrieben, damit er hierher kopiert werden kann. Die Tabellenwerte verrutschen leider dabei, sind also schlecht zu lesen. Wenn sich größeres Interesse abzeichnet, werde ich auch bei Gelegenheit den 2. Teil neu schreiben. Wer sich besonders dafür interessiert, kann mir per pn auch seine e-mail Adresse mailen.
Physik des Gaseintrags (1)
Im Gegensatz zu einer Vielzahl von Verfahren, wo Gase unmittelbar zur Anwendung und Wirkung gelangen, zum Beispiel beim Schockgefrieren, Glühen usw., ist beim Einsatz von Sauerstoff in der Wassertechnik in der Regel die wässrige Lösung das Reagens.
Sowohl aeoroben Mikroorganismen als auch höheren Lebewesen im Wasser ist nur der gelöste Sauerstoff verfügbar. Der durch Stoffwechselvorgänge veratmete Sauerstoff wird in der Natur in der Regel aus der Luft über die Wasseroberfläche nachgelöst. Immer dann, wenn der Sauerstoffverbrauch in einem Gewässer größer ist als der natürliche Sauerstoffeintrag aus der Luft, muss durch geeignete Sauerstoff-Eintragungsverfahren Sauerstoff eingetragen, d.h. nachgelöst werden. Dabei stellt sich die prinzipielle Frage: Ist die Verwendung von reinem Sauerstoff anstelle von Luft vorteilhaft?
Antwort auf diese Frage gibt die „Physik des Gaseintrags“. Dabei spielen zwei Naturgesetze eine entscheidende Rolle:
- Das Gesetz von Henry Dalton
- Das 1. Fick’sche Diffusionsgesetz (2)
Für die Löslichkeit von Gasen in Wasser gilt das Gesetz von Henry-Dalton:
Gleichung 1: cs = H iT * pi
cs : max. Sättigungskonzentration (g/m3)
H iT : Henry-Konstante des Gases in Reinwasser (g/m3 bar)
pi : Partialdruck des Gases i (bar abs)
Die Henry-Konstante ist abhängig von der Temperatur. Die ebenfalls bestehende geringfügige Abhängigkeit der Henry-Konstanten vom Druck und vom Salzgehalt im Wasser kann für praktische Rechnungen meist vernachlässigt werden. In Tabelle 1 sind die Henry-Konstanten H für die wichtigsten Gase N2, O2, und CO2, bei verschiedenen Temperaturen aufgeführt.
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Temperatur °C H g/m3 bar…………….
N2 O2 CO2
0 29,0 68,7 3 340,9
5 25,7 60,2 2 771,1
10 23.0 53,6 2 324,5
15 20,8 48,2 2 009,5
20 19,1 43,7 1 693,6
25 17,7 40,0 1470,9
30 16,6 36,9 1281,7
Tabelle 1:
Werte der Henry-Kontante H bei verschiedenen Temperaturen für N2, O2, und CO2
Die Henry-Konstante bzw. die O2-Sättigungskontentration von reinem Sauerstoff bei einem Partialdruck von 1 bar beträgt bei 15 °C Wassertemperatur zum Beispiel 48,2 g/m3.
Für den Partialdruck eines Gases gilt allgemein:
Gleichúng 2: p i = p ges * y i
p i : Partialdruck des Gases i (bar abs)
p ges : Gesamtdruck (bar abs)
y i : Volumenanteil des Gases i
Stickstoff, Sauerstoff und Kohlendioxyd sind in der Luft zu folgenden Volumenanteilen y i enthalten:
N2 : yN2 = 0,78 = 78 %
O2 : yO2 = 0,21 = 21 %
CO2 : yCO2 = 0,0003 = 0,03 %
Jedem dieser Gase ist demnach ein entsprechender Partialdruck zuzuordnen. Die Summe der Partialdrücke der einzelnen Gaskomponenten ist gleich dem Gesamtdruck p ges. Der Partialdruck des Sauerstoffs in der Luft ist deshalb bei einem Gesamtdruck von 1 bar nur 0,21 bar bzw. der von Stickstoff 0,78 bar.
Demnach ergibt sich der Sättigungswert von Luftsauerstoff bei 10 Grad Wassertemperatur und 1 bar abs. wie folgt (Gleichung 2 in Gleichung 1):
Cs L = H O2 10° * p ges * y O2 = 53,6 * 1 * 0,21 = 11,3 g/m3
Die maximale Sättigungskonzentration gemäß Gleichung 1 für Luftstickstoff, Luftsauerstoff und Kohlendioxid in der Luft bei einem Gesamtdruck von 1 bar und einer Wassertemperatur von 15° sind aus Tabelle 2 zu ersehen:
H 15° g/m3 bar) pi (bar) cs (g/m3)
Luftstickstoff 20,8 0,78 16,2
Luftsauerstoff 48,2 0,21 10,1
CO2 der Luft 2009,5 0,0003 0,6
Tabelle 2:
Sättigungswerte von N2, O2 und CO2 der Luft in Reinwasser bei 15° und 1 bar abs.
Beim Eintrag von Luft in Wasser – z.B. durch eine feinblasige Belüftung am Boden eines Gewässers – ist also bei 15° Wassertemperatur eine maximale Sauerstoffkonzentration entsprechend der Gleichung cs L = 48,2 * 1 * 0,21 = 10,10,g/m3 zu erreichen!
Beim Einsatz von reinem Sauerstoff anstelle von Luft liegt die erreichbare Sauerstoffkonzentration bei gleichen Randbedingungen (Druck und Temperatur) um den Faktor 4,8 höher, da der Sauerstoffanteil in reinem Sauerstoff 100% ist und deshalb der Sauerstoffpartialdruck pi gleich dem Gesamtdruck p ges ist (F = 100/21 = 4.8
allgemein: p O2 = p ges * yO2 (Gleichung 2)
reiner Sauerstoff y O2 = 1
p O2 = p ges
zum Beispiel bei t = 5° C
cs O2 = H O2 5° * p ges * y O2 = 60,2 * 1 * 1 = 60,2 (g/m3)
In Tabelle 3 sind die Sättigungswerte des Luftsauerstoffs denen des reinen Sauerstoffs gegenübergestellt.
Temperatur Grad C 0° 5° 10° 15° 20° 25° 30°
Luftsauerstoff g/m3 14,4 12,6 11,3 10,1 9,2 8,4 7,8
reiner Sauerstoff g/m3 68,7 60,2 53,6 48,2 43,7 40,0 36,9
Tabelle 3:
Sättigungswerte von Luftsauerstoff in g/m3 bei 1 bar absolut in Abhängigkeit von der Wassertemperatur
Aus Gleichung 1 und 2 geht ferner hervor, dass der Partialdruck p und die Sättigungskonzentration cs eines Gases auch durch eine Erhöhung des Gesamtdrucks p erhöht werden kann, also z.B. durch die Erhöhung des Betriebsdrucks im Anreicherungssystem. Dies ist immer mit einem erhöhten Energieaufwand verbunden.
z.B. - Betriebsdruck eines Reaktors = 1,5 bar abs
- Wasssertemperatur = 20°
- O2-Gehalt der Gasphase (ermittelt) = 65%
Welche Austrittskonzentration aus dem Reaktor wird erreicht?
Cs O2 = H O2 20° * p ges * y O2 = 43,7 * 1,5 * 0,65% = 42,6 (gO2/m3)
Als Zwischenbilanz lässt sich feststellen:
Der reine Sauerstoff ist um den Faktor 4,8 besser löslich als der Luftsauerstoff. Diese Tatsache wäre für sich allein jedoch noch kein ausreichender Grund, den Einsatz von reinem Sauerstoff zu erwägen. Die höhere Sättigungskonzentration des reinen Sauerstoffs hat jedoch auch eine höhere Lösungsgeschwindigkeit bzw. einen geringeren Energieaufwand für den Sauerstoffeintrag zur Folge.
Dieses Bildschirmfoto zeigt das passende Diagramm zu dem Inhalt des Symposiums, es verdeutlicht die Zusammenhänge auf einen Blick. Das Diagramm ist von der Internetseite des Sauerstoff-Erzeugers. Quelle: Linde-Gas
„Allzu viel des Guten ist ungesund!“ sagt der Volksmund. Das gilt auch für den maximal möglichen O2-Eintrag. Neuere Tierversuche belegen, dass Sauerstoff alles andere als ein harmloser Bestandteil der Atemluft bzw. des Wassers ist. Verschiedene Quellen halten unter bestimmten Bedingungen einen O2-Sättigungsgrad von 300 - 400 % für Fische gerade noch für verträglich. Die Fisch-Intensivzucht erzielt bei Salmoniden-Setzlingen mit 80-90 % O2-Sättigung die besten Zuwächse bei geringstem Medikamenten-Einsatz.