Moin in die Runde,
Erhard hat geschrieben:
Für das Wort Gesamtgasübersättigung verwende ich im folgenden Text das englische Kürzel TGP, das für Total Gas Pressure steht. Die TGP ist die Summe der Partialdrücke von den im Wasser gelösten Gasen Stickstoff N2, Sauerstoff O2 und Kohlenstoffdioxyd CO2. Verständlicher wären meine folgenden Ausführungen, wenn ich mit einem Folienvortrag die physikalischen Zusammenhänge vorher erklären könnte.
wie schon von anderen Usern angemerkt, ist das Kürzel "TGP" hier am falschen Platz und verwirrt nur noch mehr. Die Gesamtgassättigung ergibt sich aus den bereits genannten Gasen und dem in der Auflistung noch fehlenden Dampfdruck des Wassers.
Zitat:
Um es vorweg zu sagen, ich habe jahrelang nichts von den Empfehlungen gewusst, nach denen kritische TGP´s vermieden werden können. Häufige Krankheiten habe ich gottlob bisher auch nicht gehabt. Ferner möchte ich voraus schicken, dass ich weder Physiker noch Veterinär bin und dass ich als Laie deren Wissensgebiete wohl auch nie umfassend beherrschen werde.
Genau darin liegt das Problem dieser Diskussion. Ihr stochert in einer wirklich komplizierten Materie herum und möchtet Schlussfolgerungen ziehen, obwohl in Euren Thesen noch grundsätzliche Mißverständnisse stecken.
Zitat:
Wer einen gepflegten Teich mit idealen Wasserparametern hat, wer zudem die Sauerstoffanreicherung mit Luft vornimmt und es trotzdem gelegentlich oder häufig mit Koi-Krankheiten zu tun hat, der ist gut beraten, wenn er die Sauerstoffeinlösung kritisch begutachtet. Jeder Teich, der durch Technik und Energie mit Luft angereichert wird, neigt zur TGP, weil mit dem Sauerstoff O2 in erheblicher Menge auch Stickstoff N2 eingelöst wird, den wir Laien leider nicht messen können.
Neben dem Einpumpen von Luft spielt die Denitrifikation unter Umständen eine erhebliche Rolle. Gerade bei großen Filtern mit einem Überangebot an Substraten, schlechter mechanischer (Vor-) Filterung und den daraus resultierenden Aufwuchsmengen können nennenswerte Stickstoffmengen freigesetzt werden.
Zitat:
TGP´s stehen seit Jahrzehnten im Verdacht, dass sie die Infektionsanfälligkeit für Fische erhöhen in einem schleichenden Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann. Um sie zu vermeiden, setzen Fischzuchtgroßanlagen überwiegend reinen Sauerstoff für die O2-Anreicherung ein. Der teure Sauerstoff rechnet sich dadurch, dass die Fische gesünder leben, besser wachsen, besser das Futter verwerten und weniger Medikamente brauchen.
Dass Stickstoffübersättigungen (Argon wird dabei der Einfachheit halber unterschlagen) die Anfälligkeit von Fischen gegenüber Infektionskrankheiten erhöhen, ist kein Verdacht, sondern in Versuchen längst belegt. Die Vermeidung von "Stickstoffübersättigungen" ist dennoch nur ein angenehmer Nebeneffekt der direkten O2-Anreicherung. Moderne Fischzuchtanlagen kombinieren inzwischen den direkten O2-Eintrag mit Oberflächenbelüftung (!), um den bei den gegebenen Haltungsdichten notwendigen CO2-Austrag zu organisieren.
Zitat:
Fischzüchter, die noch nicht auf reinen Sauerstoff umgestellt haben, aber auch verlustarm produzieren wollen, haben herausgefunden, dass die besten Ergebnisse mit einer maximalen TGP von 102,5 % zu erzielen sind. Dieser Wert stellt sich durchschnittlich dann ein, wenn Sprudelsteine nur 50 cm tief eintauchen bzw. wenn Luft in wasserführenden Drucksystemen nur einem maximalen Einlösungsdruck von 50 mbar ausgesetzt wird. Mit einem Saturometer kann die TGP gemessen werde, 103 % gelten noch als unkritisch. Die Anschaffung eines etwa 1500,- Euro teuren Saturometers macht nur dann Sinn, wenn der User das kleine Einmaleins der Gasephysik und die Geräte-Software beherrscht.
Die angegebenen Werte von 102,5 und 103 % als noch unkritische Werte sind so nicht haltbar. Die Gesamtgassättigung setzt sich aus den Partialdrücken der Einzelgase im Wasser zusammen. Dabei spielt jedes dieser Gase seine eigene Rolle und unterschiedliche Kombinationen können bei gleicher Summe (Gesamtgassättigung) völlig verschiedene Auswirkungen haben.
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Im Umgang mit Wasser gibt es kaum eine Regel, die nicht mit einer Ausnahme verwässert werden kann, so auch hier: Bei einer deutlichen TGP, aber in Verbindung mit Ozon, ist die Anfälligkeit für Krankheiten gering, das hat Rainer herausgefunden. Zu erklären ist das damit, dass Krankheitserreger es bei einem hohen Redoxwert schwer haben, das Teichmilieu zu dominieren. Ein rundum Wohlfühlwasser sieht aber anders aus.
Ozon mildert lediglich die sekundären Symptome, verhindert jedoch nicht die urpsrünglichen Schädigungen im Fischorganismus. Deshalb würde ich diesen Ozon-Passus aus diesem Text komplett verbannen, zumal bei der Ozon-Einmischung gleich wieder Tür und Tor für das Basteln von kritischen Gasübersättigungen im Haltungswasser geöffnet werden.
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Zitat:
Die Gasblasenkrankheit GBK infolge einer TGP verläuft in unterschiedlichen Schweregraden:
- Bei der schweren und tödlich verlaufenden Form platzen die Kiemenepithel, was durch makroskopische und histologische Befunde zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Sie kommt in Koianlagen kaum vor.
- Bei der mittelschweren Form kann es zu funktionellen Störungen kommen, ähnlich wie nach einem Schlaganfall beim Menschen. Nicht therapierbare „Macken“ bei Koi können ursächlich mit der GBK zusammenhängen.
- Die leichte und häufigste Form ist nicht wahrnehmbar, kranke Koi können aber ein Indiz dafür sein. Die Betonung liegt jeweils auf dem Konditional.
Man unterscheidet beim Gasblasentrauma ursprünglich chronische und akute Schädigungen. Aber selbst das trifft nicht den Kern der Sache. Auslöser der Probleme sind anfangs mikroskopisch kleine Gasblasen, die im Fischorganismus entstehen. Die können dann feinste Blutgefäße (Kapillaren) verstopfen. Allein der mechanische Reiz an den Gefäßwänden löst im Fisch Entzündungsreaktionen aus. Bei Untersuchungen von Fischkiemen hat man festgestellt, dass Verstopfungen von Blutgefäßen in den Kiemen nicht wie ursprünglich angenommen Luftblasen, sondern Fetttröpfen waren. Diese dürften ihren Ursprung in Köperzellen haben, die durch Gasembolien beschädigt wurden. Solche Szenarien sind auch in Koi-Teichen zu erwarten, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben sind. Erst bei ganz krassen Rahmenbedingungen finden sich in der Haut und den Kiemen des Fisches auch mit dem Auge sichtbare Gasblasen. Wenn dieser Zustand mal erreicht ist, hat der Fisch in der Regel schon verloren. Leider glauben bislang viele Menschen, diese akute Form sei das, was unter "Gasblasenkrankheit" zu verstehen sei. Die chronische Variante ist jedoch viel häufiger und deshalb von größerer Bedeutung.
Zitat:
Veterinäre behandeln überwiegend die Symptome von Krankheiten, selten ergründen sie die Ursachen. Bei der Diagnose erfolgt praktisch nie ein Bezug zur TGP, das macht Rainer besser.
Diese Sätze sind so nicht haltbar und deshalb absolut entbehrlich. Dr. Achim Bretzinger hat z.B. bereits vor vielen Jahren routinemäßige Messungen des Gesamtgasdruckes an Koi-Teichen vorgenommen, weil er um die Zusammenhänge mit chronischen Effekten wußte.
Zitat:
Algen, Wasserpflanzen, technische Belüftung, Quellwasser, Brunnenwasser, fallender Luftdruck, steigende Temperaturen, Nitrifikation usw. sind alles Einflüsse, die die Gasebilanz im Wasser verändern.
Den fallenden Luftdruck und die steigenden Temperaturen würde ich aus der Auflistung streichen. Ihr Effekt ist zu vernachlässigen. Hinzufügen sollte man das Ansaugen von Luft bei fehlerhafter Montage der Verrohrung und über die sehr beliebten Skimmer, sowie den Wasserwechsel mit kaltem Frischwasser.
Zitat:
Quell- und Brunnenwasser sind in der Regel reich an gelösten Gasen. Diese Wässer müssen deshalb mindestens 24 Stunden lang entgasen bevor sie dem Teich zugeführt werden.
Auch diese beiden Sätze irritieren. Vorschlag: Im Grundwasser können durch Nitrifikation und Temperaturveränderungen so hohe Übersättigungen von Stickstoff entstehen, dass diese für Fische problematisch werden können. Bei der Trinkwasseraufbereitung wird Grundwasser oftmals belüftet und dann unter hohem Druck ins Leitungssystem gepumpt. Mitgerissene Luftblasen gehen hier in Lösung und verursachen ebenfalls erhöhte Sättigungswerte vor allem bei Stickstoff und Argon. Deshalb sollte Frischwasser immer eine ausreichende Möglichkeit zum Entgasen bekommen und große Wasserwechsel vermieden werden.
Zitat:
Unkritisch sind die Einflüsse, die die TGP´s schwanken lassen zwischen Unter- und Übersättigungen, das ist besonders bei der Fotosynthese der Fall, daran haben sich die Fische im Verlauf der Evolution gewöhnt. Diese Regel gilt nicht bei extrem starker Algenbildung. Aber eine deutliche TGP vor Sonnenaufgang deutet normalerweise auf eine dauerhafte TGP hin, und genau die gilt es bei der Wasseraufbereitung zu vermeiden. Mit Luft in wasserführenden Drucksystemen sind dauerhafte TGP´s kaum zu umgehen.
Sorry ... aber der Text soll beim Verstehen helfen, statt unnötig zu verwirren. Vorschlag:
Vergleichsweise unkritisch sind Schwankungen der Gesamtgassättigung, die durch Schwankungen des Sauerstoffgehaltes ausgelöst werden. Durch die Sauerstoffproduktion von Pflanzen/Algen verursachte Gesamtgasübersättigungen zeichnen sich dadurch aus, dass Stickstoff und Argon im Wasserkörper durch aufsteigende Gasblasen mit hohem Sauerstoffanteil "ausgewaschen" werden. Den gleichen Effekt bewirkt die Einbringung von Sauerstoff, wenn dabei auf die Einmischung unter hohem Druck verzichtet wird und verbleibende Blasen die Möglichkeit haben, Stickstoff und Argon aus dem Wasserkörper auszutragen.
Zitat:
Es gibt genügend Zweifler, die meine Ausführungen für überzogen halten, auch Experten reihen sich da ein. Sie alle können aber den hohen Anteil von Stickstoff in der Luft nicht weg diskutieren.
Als einer dieser "Zweifler" käme es mir nie in den Sinn, den Anteil von Stickstoff in der Luft infrage stellen zu wollen.

Ihr schlagt hier verbal bei Fragen des Gashaushaltes im Wasserkörper schon mehr oder weniger heftig aufeinander ein und fahrt Euch in Mißverständnissen fest. Richtig spannend wird es bei dem ganzen Thema aber erst, wenn man sich mal anschaut, wie sich der Gashaushalt des Wassers denn tatsächlich im Fisch auswirkt. Deshalb arbeitet Euch zuerst mal ohne irgendwelche Scheuklappen an die physikalischen Grundlagen rund um den Gashaushalt des Wassers ran.
Viele Grüße
Lars