Hallo zusammen,
Rainer Thanner hat mich gebeten diesen persönlichen Bericht über CEV hier einzustellen, und hat mir auch gleichzeitig die Erlaubnis für die Verankerung in unserer Enzyklopädie erteilt. In meinen Augen aktuell die Bedrohung schlechthin und ein Thema dass viele Meinungen hervorbringt, aber wenige verwertbare Fakten vorliegen.
Hier der Beitrag von Rainer.
CEV – bisherige Erfahrungen Stand 2017 und meine persönliche Meinung:
Koi Sleepy Disease: • Virus - eventuell Zusammenhang mit der Frühjahrssterblichkeit der Karpfen • in Japan schon länger und bei uns seit 2015 Thema • Aggressivität zunehmend • meist nur im Ausbruchsfall nachweisbar • schlecht therapierbar Optische Anzeichen: • Apathie • Schleimhautvermehrung, ablösende Schleimhäute • erhöhte Atemfrequenz, Kiemenspülen, Spucken • eingefallene Augen • absterbendes Kiemengewebe
Zum Jahresbeginn 2015 wurde in Berlin beim Treffen der Gruppe EAFP erstmals CEV durch die TiHo vorgestellt. Bei den ausführlichen Schilderungen von Frau Dr. Schrörs und Herrn Dr. Bachmann über die Symptome und den Verlauf von CEV erinnerte mich alles an das frei bezeichnete Energiemangelsyndrom (EMS). Anfang Mai 2015, also in der Zeit meiner alljährlichen Routine-Frühjahrsuntersuchungen, waren – wie auch die Jahre zuvor – Fische mit fauligen Kiemen und defekten Schleimhäuten an einigen Teichen vorzufinden. In solchen Fällen rate ich situationsabhängig schon immer zu Salz oder zu Chloramin-T jeweils als Kurzzeit- oder Langzeitbad. Aufgrund der Infos aus Berlin entnahm ich – wenn die Tierbesitzer damit einverstanden waren – bei betroffenen Fischen nekrotisches Kiemengewebe und sendete es an die Fachabteilung der TiHo, wo übrigens bis heute am Thema CEV gearbeitet wird. Mit dem Ergebnis, dass diese Einsendungen in den aller meisten Fällen positiv waren. Quasi eine sehr, sehr hohe Trefferquote. Als Referenz sendete ich auch Proben von unauffälligen Teichen. Mit dem Ergebnis, dass hier die Proben überwiegend negativ waren. Nach diesen ersten Erfahrungen und weil mich die betroffenen Teichbesitzer nach dem positiven Befund mit Fragen löcherten, musste ich mehr über CEV wissen und stolperte im Internet immer wieder über die Bezeichnung „Schlafkrankheit“. Nun mach ich meinen Job schon ein paar Jahre und so sind mir die bisher bekannte Schlafkrankheit und deren optische Symptome nicht fremd. Eine Ähnlichkeit der Symptome der Schlafkrankheit und CEV sehe ich nicht gegeben. Die bei uns bisher bezeichnete Schlafkrankheit ist mir hauptsächlich bei Neuimporten (1-jährige, selten 2-jährige Koi) in Händlerbecken bekannt. Abliegen und Seitenlage, wie man sie zum Beispiel bei hohen Ammoniak-Konzentrationen sieht. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem Kiemennekrose, Schleimhautablösungen, eingefallene Augen usw. als typisch zutreffend für die Schlafkrankheit wären. Etwas Salz und Wärme löst das Problem recht rasch und verlustfrei. Im Herbst 2015 erhielt ich einen Anruf von der Tierhochschule Hannover und nach einigem Nachhaken wurde klar, dass das mit CEV = Schlafkrankheit keinesfalls belegt ist und doch auf wackligen Beinen steht. Es könnte im Grunde alles Mögliche oder auch was völlig Neues sein. Möglich ist auch, dass es wohl derselbe Virus ist, dieser sich jedoch in unseren Regionen stark aggressiv verändert hat. Aber – „Schlafkrankheit“ steht auf dem positiven Befund der TiHo und hierin steckt in meinen Augen ein Problem, welches darin liegt, dass Koi-Händler nach der Übermittlung eines positiven Befundes ebenfalls im Internet nach Infos zu CEV suchen, dann auf die Schlafkrankheit stoßen und wie folgt reagieren: „Ach Schlafkrankheit ist harmlos – kennen wir schon, wir verkaufen und verschweigen den Befund“. Übrigens: Eine Anzeigepflicht ähnlich dem KHV gibt es bei CEV nicht. (Noch nicht?!) Bei der letzten EAFP-Tagung im Oktober 2017 wurde mir versprochen, den Begriff „Schlafkrankheit“ in positiven Befunden eventuell künftig nicht mehr zu verwenden. Stattdessen nur noch „Koi Sleepy Disease“.
Mein persönliches Fazit: CEV hat nix mit dem uns bisher geläufigen Begriff Schlafkrankheit zu tun. Koi Sleepy Disease ist völlig eigenständig oder mutiert. Eher sehe ich darin eine Verbindung zum Energiemangelsyndrom. Vielleicht ist es aber auch was ganz anderes. Fakt ist, dass der Virus stark verbreitet und vermutlich sogar in fast jedem Koi vorhanden ist. Im „Ruhemodus“ äußerst schwer bis nicht nachweisbar. Kaum behandelbar. Auslöser sind Wassertemperaturen von 8 – 16°C im Frühjahr in Verbindung mit Schwäche- und Stressfaktoren wie sie z.B. bei einer unbeheizten Aussenüberwinterung, Neubesatz, Parasitenbefall usw. der Koi gegeben sind. Ausfälle weit über 50% sind keine Seltenheit.
Wichtig für meine Arbeit draußen: Egal wie sich die Erkrankung künftig nennt – man muss irgendwie versuchen, mit ihr umzugehen. Aktuell beste Therapie: Salzzugabe 5gr/l oder Chloramin-T in Kombination mit rascher Temperaturerhöhung auf 22 – 25°C.
Stets gesunde Fische, Rainer Thanner
_________________ Gruß Robert
www.koifutterhandel.de
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